Die Karyatiden des Erechtheion

Uns interessieren hier natürlich besonders die Figuren der Korenhalle, die Karyatiden des Erechtheion. Sie gehören zu den weltweit meist kopierten und zitierten Bauelementen der Akropolis überhaupt – eine Tradition, die schon in der Antike bei Repräsentationsbauten römischer Kaiser ihren Anfang nahm. Anders als die Skulpturen in den Metopen, Friesen und Giebeln der Akropolis-Tempel sind die Karyatiden nicht äußerlicher Schmuck der Fassaden, der nach Fertigstellung des Baus nachträglich angebracht wird, sondern statisch funktionale Baulemente.

Wegen dieser Besonderheit hat das Motiv der Karyatide vielfach Eingang in die Moderne Kunst gefunden, kann es doch als Symbol der technokratischen Entfremdung des Menschen in der modenen Gesellschaft gelesen werden, wo der Einzelne in seiner Funktionalität gefangen gehalten wird.

In der Form, wie sie in der Korenhalle des Erechtheion geschaffen wurden, gehen die Karyatiden auf die Figuren des Apollon-Heiligtum von Delphi zurück. Die kultische Funktion der Korenhalle ist heute nicht mehr bekannt, doch geht man anders als beim Parthenon davon aus, dass der Erechtheion-Tempel, für kultische Zwecke gebaut wurde. Die statische Form der Figuren und die geringen Abweichungen der Gestaltung der sechs Figuren untereinander betonen jedoch ihre Funktion als Trägerinnen des Tempel-Gebälks und somit eine Form des Dienstes für den Tempel. Dass die Karyatiden ursprünglich eine Versinnbildlichung der Tempel-Dienerinnen darstellen sollten, liegt somit nahe.

Für die Fotos bedanke ich mich herzlich bei meinem Freund Ansgar Wilkendorf. Zur weiteren Lektüre zum Thema Akropolis empfehle ich das Buch von Lambert Schneider und Christoph Höcker.